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Wir sind Menschen, keine Maschinen – Feuerwehrkräfte über die Belastungen nach ihren Einsätzen

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Die Flensburger Feuerwehr hat in den letzten Jahren viel getan, um ihren Einsatzkräften psychologische Unterstützung anzubieten. - Fotos: Thomsen

Flensburg - Heute vor einer Woche, am 15. Oktober, erlebte Flensburg einen der schwersten Unfalltage der vergangenen Jahre. Zwei Menschen verloren dabei ihr Leben, zahlreiche weitere wurden verletzt – darunter auch der Fahrer eines dänischen Reisebusses, der noch am Unfallort reanimiert werden musste. Im Gespräch mit Förde.news berichten der Brandoberinspektor Kevin Andresen (31) und Hauptbrandmeister Thore Theemann (46) von den enormen Belastungen, denen die Feuerwehr bei solchen Einsätzen ausgesetzt ist, und wie sie heute mit diesen Herausforderungen umgehen.

„Während meiner Dienstzeit habe ich noch nie an einem einzigen Tag so viele schwere Unfälle erlebt“, betont Theemann. „Auch meine Kollegen haben in den letzten 35 Jahren eine solche Serie noch nicht erlebt“, fügt Theemann hinzu.   Bereits am Morgen des 15. Oktober ereignete sich ein schwerer Unfall, bei dem ein junger Mann noch am Unfallort verstarb. Im Laufe des Tages kam es zu weiteren schweren Unfällen, darunter auch der tragische Busunfall am Nachmittag, bei dem Freiwillige Feuerwehren unterstützten.

Einsätze unter Hochdruck

Die Einsätze verlangen den Feuerwehrkräften physisch und psychisch alles ab. „Sobald der Alarm kommt, wissen wir, was zu tun ist“, erklärt Andresen. „Wir gehen in den Rettungsmodus, arbeiten routiniert die notwendigen Schritte ab. Doch das bedeutet nicht, dass uns die Schicksale der Menschen, die wir retten, nicht berühren.“ Theemann ergänzt: „Wir sind Retter, aber eben auch Menschen.“ Gerade bei dem Busunfall sei die Situation besonders belastend gewesen – schwere Verletzungen, Todesfälle und Schaulustige, die das Geschehen mitverfolgten.

Neue Wege in der psychologischen Betreuung

Früher mussten Feuerwehrkräfte die emotionalen Lasten solcher Einsätze oft allein bewältigen. „Das Thema psychische Belastung war lange ein Tabu“, erinnert sich Theemann. „Heute ist das anders.“ Nach jedem größeren Einsatz wird eine Nachbesprechung durchgeführt. „Es ist wichtig, dass alle verstehen, warum bestimmte Entscheidungen getroffen wurden. Das kann helfen, das Erlebte zu verarbeiten“, erklärt Andresen.

Zusätzlich stehen den Einsatzkräften spezialisierte Teams zur Stressbearbeitung nach belastenden Ereignissen (SBE) zur Verfügung. „Man kann dort in vertraulicher Atmosphäre sprechen, ohne sich erklären zu müssen“, so Theemann, der selbst Teil eines solchen Teams ist. „Das nimmt uns viel Druck, den wir oft nach solchen Einsätzen mit nach Hause nehmen.“

Freiwillige Feuerwehren gleichermaßen betroffen

Auch die Freiwilligen Feuerwehren, die am 15. Oktober im Einsatz waren, müssen sich den emotionalen Herausforderungen stellen. Rund 80 Einsatzkräfte, darunter viele Freiwillige, halfen bei der Bewältigung des Busunfalls. „Sie haben großartige Arbeit geleistet“, lobt Andresen. Die Freiwilligen errichteten unter anderem Sichtschutzwände, um Schaulustige fernzuhalten, und halfen bei der Absicherung des Verkehrs.

Dennoch waren auch sie den dramatischen Szenen vor Ort ausgesetzt, etwa der Reanimation des Busfahrers. „Auch ihnen haben wir unser PSNv-Team angeboten“, berichtet Theemann. Bislang habe jedoch niemand das Angebot in Anspruch genommen. „Manchmal dauert es, bis man erkennt, dass man Hilfe benötigt“, fügt er hinzu.

Menschlichkeit hinter den Uniformen

Die Flensburger Feuerwehr hat in den letzten Jahren viel getan, um ihren Einsatzkräften psychologische Unterstützung anzubieten. Dennoch bleibt die emotionale Belastung enorm. „Wir reden heute viel mehr miteinander“, betont Andresen. „Und das ist auch gut so. Es ist wichtig zu verstehen, dass es in Ordnung ist, über das zu sprechen, was wir erleben.“

Früher sei es verpönt gewesen, Emotionen zu zeigen, erinnert sich Theemann. „Da wurde man auch mal schräg angeschaut, wenn man eine Träne verdrückt hat.“ Heute hat sich das geändert. Denn eines ist klar: Ob Haupt- oder Ehrenamtlich – die Feuerwehrleute, die tagtäglich ihr Leben riskieren, sind letztlich auch nur Menschen, die genauso wie alle anderen mit emotionalen Belastungen kämpfen. Und manchmal, so Theemann, „darf auch ein Retter Schwäche zeigen.“


Die Polizei schickte die Gaffer auf dem Supermarkt Parkplatz weg - Foto: Thomsen
„Besondere Belastungen stellen auch die Gaffer und Schaulustigen dar“, erklärt Andresen. „Sie stehen nicht nur herum, sondern laufen oder fahren mit dem Fahrrad oder Auto mitten durch unsere Einsatzstelle. Das ist eine zusätzliche Herausforderung für die Einsatzkräfte“, fügt er abschließend hinzu.

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