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Illegale Sperrung der K8? Das sagen die drei OB-Kandidaten

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Flensburg - Die drei OB-Kandidaten äußern sich zur Sperrung der K8 - Foto: Geißler

Am frühen Mittwochmorgen wurde die Kreisstraße 8 in Tarup kurzer Hand vom Landeseigentümer Bauer Knop gesperrt – Es war kein Durchkommen mehr.
Nachdem die Polizei mit Knop über die Sache gesprochen hat wurde die Sperrung zwar wieder aufgehoben, aber es wurde eine Anzeige wegen Nötigung und Gefährdung im Straßenverkehr gegen den Bauern angefertigt.
Die Sperrung war gegen 7.00 Uhr wieder aufgehoben.
Einst wurde das Grundstück unter der heutigen K8 als Bebauungsplan Groß Tarup ( Nr: 272 – RV-9/2016) in der Ratsversammlung beschlossen. Zu dieser Zeit war noch Simon Faber als Oberbürgermeister im Amt. Simone Lange trat ihr Amt 2017 an.
Der Wunsch einer Umgehungsstraße kam einst aus dem Stadtteil Tarup. Von der Stadt hieß es im Jahr 2018, dass die Stadt mit der Planung das Interesse der Allgemeinheit, d.h. der großen Mehrheit, insbesondere der Einwohner*innen Tarups, an einer Umgehung berücksichtigt. Weiter hieß es, es werden ausschließlich Flächen für den Straßenbau enteignet, nicht dagegen Flächen für Wohnungsbau.

Näheres dazu im Faktencheck weiter unten

In knapp 50 Tagen stehen die Neuwahlen zum Oberbürgermeisterinnen Posten an. Dazu haben sich neben Amtsinhaberin Simone Lange, auch die SSW-Kandidatin Dr. Karin Haug sowie Dr. Fabian Geyer aufgestellt.
Alle drei haben wir von Förde.news um ein Statement zur aktuellen Situation zur K8 gebeten. Obwohl Urlaubszeit ist, haben sie Zeit gefunden und uns Folgendes erklärt, wie sie die aktuelle Situation beurteilen und wie sie weiter damit umgehen würden:

Oberbürgermeisterin Simone Lange:
Amtsinhaberin Oberbürgermeisterin Simone Lange - Foto: Thomsen

"Herr Knop hat versucht, auf seine Situation aufmerksam zu machen.", so Lange zur Straßensperrung am Mittwochmorgen.

"Die Geschichte der K8 beginnt im Jahr 2005 und das Ziel war, die Ortsdurchfahrt Tarup zu entlasten. Die Ratsversammlung hat dieses Projekt auf den Weg gebracht und als Oberbürgermeisterin habe ich den Auftrag das umzusetzen, wie alle Oberbürgermeister vorher auch", erklärt die Amtsinhaberin Simone Lange.

Lange weiter: "Als ich 2017 das Amt der Oberbürgermeisterin übernahm, waren bereits 3 Abschnitte der K8 gebaut". Weiter erklärt Lange" Nun hat das Oberverwaltungsgericht formale Fehler festgestellt zu einem Bebauungsplan aus 2016 und uns damit Hausaufgaben erteilt, die wir erledigen werden." Die Ratsversammlung hat deshalb im Mai den erneuten Aufstellungsbeschluss gefasst.

OB-Kandidat Dr. Fabian Geyer:
Oberbürgermeister Kandidat Dr. Fabian Geyer - Foto: Thomsen

So teilte uns der OB-Kandidat Dr. Fabian Geyer mit, dass er die Aktion von Herrn Knop nicht in Ordnung ist bzw. war.
"Eine gerichtliche Entscheidung egal mit welchem Ergebnis berechtigt nicht zur Sperrung einer Straße, auch wenn ich für seinen Frust gewisses Verständnis habe.", erklärte Geyer. Weiter erläuterte der studierte Jurist: "Die Enteignung von Eigentum ist einer der schwerwiegendsten Eingriffe des Staates in die Grundrechte der Bürger und nur in krassen Ausnahmefällen im übergeordneten Gemeinwohl gerechtfertigt. Die Beteiligung des Landes ist vorgeschrieben und aus der Erfahrung der Geschichte sind die rechtlichen Hürden extrem.

OB-Kandidatin Dr. Karin Haug
OB-Kandidatin Dr. Karin Haug - Foto: Thomsen

Die zweite Frau im OB-Wettkampf äußerte sich wie folgt zu der Sperrung: "Ich möchte die Sache nicht größer machen und dazu beitragen, dass ein Rechtsbruch zu einer guten Tag geadelt wird. Die Polizei hat souverän reagiert und ich hoffe, dass damit die Angelegenheit erledigt ist. Der Betroffene hat sich allerdings keinen Bärendienst erwiesen, weil er durch solche Aktionen Vertrauen verspielt, hat

"Die Ratsversammlung hat sich erst kürzlich mit der Angelegenheit befasst. Ich gehe davon aus, dass die K8 Bestand haben wird." erklärte Haug gegenüber Förde.news

Faktencheck

Behauptet wird

  • Das Verkehrsaufkommen sei zu gering, um einen Weiterbau zu rechtfertigen.

Richtig ist

  • Die K8 ist durch Änderung des Flächennutzungsplans in den Jahren 2005 – 2008 auf Grundlage eines Verkehrsgutachtens geplant worden, um als Umgehung für die Ortsdurchfahrt Tarup eine Entlastung der Ortsdurchfahrt zu erreichen.
  • Durch den Bau der ersten drei Teilabschnitte der K8 hat sich bereits eine teilweise Verlagerung der Verkehrsströme ergeben. Die Verkehre teilen sich derzeit auf zwei Verkehrswege, nämlich die Taruper Hauptstraße und zusätzlich die Durchfahrt über den Tastruper Weg zur Hochfelder Landstraße.
  • Die Verkehrsführung über den Tastruper Weg, der eine reine Wohnstraße mit Tempo-30-Zone ist, stellt aufgrund des unzureichenden Ausbaustandes der Straße für die Anwohner eine besonders hohe Belastung dar.
  • Die Gefährdung für Radfahrer und Fußgänger ist in diesem Bereich erhöht, da es weder Fuß- und Radweg noch Beleuchtung gibt. Außerdem ist die Straße für Schwerlastverkehr ungeeignet.

Behauptet wird

  • Die Stadt handele nicht im öffentlichen Interesse

Richtig ist

  • Der Wunsch zum Bau einer Umgehung kam aus dem Stadtteil Tarup.
  • Die Stadt berücksichtigt mit der Planung das Interesse der Allgemeinheit, d.h. der großen Mehrheit, insbesondere der Einwohner*innen aus Tarup, an einer Umgehung. Es werden ausschließlich Flächen für den Straßenbau enteignet, nicht dagegen Flächen für Wohnungsbau.
  • Im Planungsverfahren wird dieses öffentliche Intesesse mit sämtlichen weiteren betroffenen Belangen abgewogen und auf dieser Grundlage der Bebauungsplan beschlossen.
  • Die Beschlüsse werden von den von Flensburger Bürger*innen demokratisch gewählten Mitgliedern der Ratsversammlung gefasst.

Behauptet wird

  • Herr Knop habe nie verkaufen wollen. Die Stadt habe dies im Rahmen von Planung und Verhandlung nicht berücksichtigt.

Richtig ist

  • Es gab zahlreiche Gespräche zwischen der Stadt und Herrn Knop, u.a. mit Einbindung der Landgesellschaft Schleswig-Holstein, die landesweit den Erwerb den Flächenerwerb von Landwirten unterstützt, um eine Einigung zu erzielen.
  • Es wurden auf Grundlage der Verhandlungen mit Herrn Knop Angebote zum Erwerb der Flächen, auch weit über dem Verkehrswert, gemacht sowie wirtschaftlich gleich- und höherwertige Tauschflächen von Herrn Knop gefordert und von der Landgesellschaft auch angeboten. Alle Angebote wurden abgelehnt.
    • Im September 2011 konnte keine Einigung über Verkaufspreis erzielt werden.
    • 11/2013: bot Herr Knop an, seine Flächen zu veräußern. Die von ihm geforderte Summe, die ein Vielfaches des Verkehrswerts betrug, hat die Stadt nicht vertreten können, da sie auch die Interessen der Flensburger Steuerzahler wahren muss, mit deren Geldern der Landerwerb bezahlt würde.
    • 2014: Die Landgesellschaft verhandelt mit Herrn Knop über einen Landtausch. Hierbei wird Herrn Knop das 3,27-fache seiner Flächen geboten.
    • 03/2014 Gespräch mit OB Faber; Landgesellschaft und Herr Knop ohne Einigung
    • Am 21.07.2016 bot Herr Knop erneut an, seine Flächen zu dem von ihm verlangten Preis zu veräußern. Alternativ fordert er die Verlegung der Trasse und der Stellung einer Hofseratzstelle oder die Verlegung der Trasse und den Verkauf reiner Straßenfläche.
    • 02.08.2017 so genanntes "Küchentischgespräch": Oberbürgermeisterin Simone Lange und Herr Knop einigen sich am Küchentisch im Hause Knop, die Möglichkeit der Verlegung der Trasse zu prüfen und halten dies schriftlich fest.
    • 07.08.2017 Herr Knop nimmt die getroffenen Vereinbarungen zurück.
    • 27.09.2017 Herr Knop verweist auf das Angebot vom 11/2013 bzw. 07/2016.
  • Die grundsätzliche Verhandlungsbereitschaft über einen langen  Zeitraum erweckte den Eindruck, dass ein Verkauf/Ankauf möglich sei.

Behauptet wird

  • Eine Enteignung sei profitabel für die Stadt

Richtig ist

  • Über die Zulässigkeit einer Enteignung entscheidet zunächst das Innenministerium, danach dann die Gerichte. Dabei wird auch eine Entschädigung festgesetzt, deren Höhe durch Gutachter ermittelt wird.
  • Enteignet werden nur Flächen, die für den Straßenbau erforderlich sind.
  • Eine gütliche Einigung war immer das oberste Ziel der Stadt. Nach jahrelangen Verhandlungen, die zu keinem fruchtbaren Ergebnis führten, ist die Enteignung das letzte zur Verfügung stehende Mittel.

Behauptet wird

  • Enteignung verstößt gegen Art. 14 GG

Richtig ist

  • Art. 14 GG schützt das Eigentum, lässt allerdings auch unter bestimmten Voraussetzungen (Wohl der Allgemeinheit) gegen Entschädigung eine Enteignung zu. "Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. 2Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt.
  • "Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen." Art. 14, Abs. 3, GG

Behauptet wird

  • Fläche sei archäologisches Interessengebiet

Richtig ist

  • 2006, 2007 und 2014 wurde das Archäologische Landesamt beteiligt. Es konnten keine Auswirkungen auf archäologische Stätten festgestellt werden. Lediglich der standardisierte Hinweis auf die für alle Bauvorhaben geltende Gesetzeslage, dass genauere Untersuchungen erfolgen sollten, wenn bei den Bauarbeiten Indikatoren (z.B. Erdverfärbungen) auftreten, die auf solche hinweisen könnten. Ein Untersuchungsvorbehalt liegt nicht vor.

Behauptet wird

  • Durch den Bau wird die Naturzerstörung befördert
  • Es handele sich um ein Biotop

Richtig ist

  • Die gewählte Trasse wurde auch aus ökologischen Gesichtspunkten gewählt, da die drei Varianten keine wesentlichen Unterschiede in der Entlastungswirkung für Tarup hatten und die gewählte Variante den geringsten Eingriff in die Natur bedeutet.
  • Der zur Umsetzung der Planung unvermeidliche Flächenverbrauch und sonstige Eingriffe sind Teil der Abwägungsentscheidung. In den jeweiligen Bebauungsplänen sind Ausgleichsmaßnahmen festgesetzt, die teilweise innerhalb des Plangebietes, in jedem Fall aber im Stadtgebiet erfolgen.
  • Zum Schutz der Anwohner*innen in vorhandenen und geplanten Wohnbaugebieten ist ein Lärmschutzwall festgesetzt.

Behauptet wird

  • Enteignung vernichte den landwirtschaftlichen Betrieb

Richtig ist

  • Nein, denn Herr Knop hat mehr als die betroffenen 5 ha Land.
  • Ein Großteil seiner weiteren Flächen ist verpachtet.
  • Ein Gutachter hat festgestellt, dass die Weiterführung des Betriebes möglich ist.

Behauptet wird

Die Stadt gehe mit dem Baubeginn aufgrund der "vorzeitigen Besitzeinweisung" (Beginn des Enteignungsverfahrens) ein hohes Risiko ein.

Richtig ist

  • Die Rechtmäßigkeit der vorzeitigen Besitzeinweisung ist bereits durch zwei Gerichte bestätigt wurde (Landgericht Kiel, Oberlandesgericht Schleswig)
  • Dem ggü. steht das Risiko, die Födermittel des Bundes für alle vier Bauabschnitte zurückzahlen zu müssen, wenn der 4. Bauabschnitt nicht bis Ende 2019 fertig gebaut wird. Die Rückzahlung würde sich ohne  Zinsforderungen auf ca. 6 Mio Euro belaufen.

Behauptet wird

  • Die Politik wurde nie über den Beginn des Enteignungsverfahrens informiert

Richtig ist

  • 13.06.2017: Mitteilung im Ausschuss für Umwelt, Planung und Stadtentwicklung (nicht öffentlicher Teil), dass der Antrag auf Enteignung gestellt wird.
  • 15.06.2017: Stadt stellt beim Innenministerium den Antrag auf Enteigung und sofortige Besitzeinweisung.
  • 18.08.2017: Umfassende Sachstandsmitteilung im nicht öffentlichen Teil des  Hauptausschusses
  • 24.08.2017: Mündliche Erörterung im Innenministerium in dem Verfahren zur vorzeitigen Besitzeinweisung.
  • 11.09.2017: Besitzeinweisungsbeschluss des Innenministeriums (Zitat daraus: "Die Besitzeinweisung setzt voraus, dass dem Enteignungsantrag mit hoher Wahrscheinlichkeit stattgegeben wird.")
  • 10.10.2017: Beschwerde gegen den Beschluss beim Landgericht Kiel und Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung dieser Beschwerde
  • 20.11.2017: Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung wird vom Landgericht Kiel abgelehnt
  • 11.12.2017: sofortige Beschwerde gegen den Beschluss vom 20.11.2017
  • 22.01.2018: Zurückweisung der sofortigen Beschwerde durch das Oberlandesgericht Schleswig (Zitat daraus: "Das Vorbringen rechtfertigt nicht die Annahme, dass die vorzeitige Besitzeinweisung seine Rechtsposition mit überwiegender Wahrscheinlichkeit unerträglich oder in nicht wiedergutzumachender Weise beeinträchtigt oder gefährdet.")

Behauptet wird

  • Es hätte ein Planfestellungsverfahren geben müssen.

Richtig ist

  • Eine Enteignung kann (auch) aufgrund der Festsetzungen in einem Bebauungsplan erfolgen; für eine Festsetzung von Straßen ergibt sich das aus § 40b Abs. 2 Satz 1, Straßen und Wegegesetz Schleswig-Holstein.

Behauptet wird

  • Es würde keine weiteren Kosten verursachen, wenn der Bau noch herausgezögert oder verhindert würde

Richtig ist

  • Die Stadt müsste die Fördergelder für alle 4 Bauabschnitte der K8 plus Zinsen zurückzahlen, wenn die K8 nicht bis Ende 2019 fertiggestellt wird. Die Summe beläuft sich ohne Zinsforderungen auf rund 6 Millionen Euro.

Die Stadt-Flensburg hat diesen Faktencheck im Jahr 2018 veröffentlicht

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