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Neues Geburtshaus „Zwischen den Meeren“: Wie zwei Hebammen einen Ort für neues Leben geschaffen haben

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Die beiden Geschäftsführerinnen vor den zahlreichen Gästen bei der Eröffnung - Fotos: Thomsen

Flensburg – In einem alten Kapitänshaus am Stadtrand von Flensburg ist ein ungewöhnlicher Ort entstanden. Ein Ort, an dem neues Leben beginnt – und an dem Gemeinschaft gelebt wird: Das Geburtshaus „Zwischen den Meeren“.

Hinter diesem Herzensprojekt stehen zwei Frauen mit Vision und Erfahrung – Dorothee Stephan (68 re,) und Sophia Kellermann (35 li.), beide Hebammen, beide Unternehmerinnen mit Idealismus.

„Ich bin voller Freude, dass ihr alle gekommen seid“, begrüßt Dorothee Stephan die Gäste zur offiziellen Eröffnung. Es ist ein emotionaler Moment. Gemeinsam mit Kellermann hat sie das Haus im vergangenen Jahr eröffnet, nachdem sie es eher zufällig entdeckt hatten. „Wir haben das Haus betreten und wussten: Das ist es“, erinnert sich Kellermann. Heute ist das Geburtshaus ein Ort, an dem weit mehr passiert als nur die Begleitung von Geburten.

Von der Einzelkämpferin zur Gemeinschaftsgründerin

Dorothee Stephan blickt auf eine lange Laufbahn zurück. 1978 brachte sie ihr erstes Kind zur Welt – Moritz aus Reutlingen. Seither hat sie unzählige Geburten begleitet, auch wenn sie längst aufgehört hat, zu zählen. „Es geht nicht um die Zahl, sondern um die Qualität, um das Leben“, sagt sie.

Lange Zeit arbeitete Stephan allein als Hausgeburtshebamme. Doch in den letzten Jahren wuchs in ihr der Wunsch nach Gemeinschaft: „Ich will nicht nur arbeiten, ich will leben – mit anderen, für andere.“ Inspiriert wurde sie unter anderem von einem Hörspielausschnitt, in dem von der „Mother of Many“ die Rede ist – einer Frau, die unabhängig von eigener Mutterschaft ein Zuhause für andere schafft. „Ich habe keine eigenen Kinder“, sagt Stephan offen, „aber ich bin eine ‚Mother of Many‘.“

Ein Haus mit Haltung

Gemeinsam mit Sophia Kellermann hat sie in Flensburg ein Haus geschaffen, das weit über den medizinischen Rahmen hinausgeht. „Wir sind nicht nur Hebammen – wir schaffen Räume“, betont Stephan. Räume, in denen Eltern sich austauschen, vernetzen, einander stärken. Angebote wie Erzählcafés, Kurse und offene Treffpunkte sollen Generationen zusammenbringen – auch Frauen aus der Nachbarschaft oder von den Inseln Föhr, Amrum und Pellworm gehören dazu. Eine sogenannte „Boardingmöglichkeit“ ermöglicht Schwangeren aus entlegenen Regionen, rund um die Geburt im Haus zu wohnen.

Der Bedarf ist groß: Bis Jahresende ist das Haus nahezu ausgebucht, zehn Geburten im Monat sind das selbstgesetzte Maximum. „Mehr können wir als vierköpfiges Team verantwortungsvoll nicht begleiten“, sagt Stephan. Auch Anfragen von Hebammenstudentinnen gibt es bereits – das Haus soll künftig Ausbildungsort und berufliche Heimat sein.

Vision für die Geburtshilfe der Zukunft


Das Team vom Geburtshaus "Zwischen den Meeren"
Was Stephan und Kellermann antreibt, ist mehr als der Wunsch nach einem funktionierenden Hebammenbetrieb. Es ist eine gesellschaftliche Haltung. Stephan formuliert sie klar: „Ich will eine Einrichtung, die Vielfalt, Respekt und Vertrauen lebt. Ich will Kooperationen mit Ärztinnen, Therapeutinnen, Beratungsstellen. Ich will, dass Frauen Wahlmöglichkeiten haben – auch jenseits der Klinik.“

Das Haus soll jungen Kolleginnen eine Perspektive bieten, ihnen ermöglichen, verschiedene Arbeitsmodelle kennenzulernen – angepasst an ihre soziale Situation und persönliche Belastbarkeit. Auch das Thema Nachhaltigkeit spielt eine zentrale Rolle. „Vom Putzmittel bis zum Möbelstück – wir achten auf ökologische Standards“, sagt Stephan. Dass sie und Kellermann dabei unabhängig voneinander dieselben Werte mitbrachten, sei fast ein Wunder gewesen.

Gemeinschaft als Antwort auf Einsamkeit

Ein zentrales Anliegen des Hauses ist der Aufbau von tragfähigen sozialen Strukturen. Während der Corona-Pandemie sei deutlich geworden, wie sehr Eltern unter Isolation litten. Das Geburtshaus versteht sich deshalb nicht nur als medizinischer Ort, sondern als soziales Zentrum. „Wir wollen, dass Menschen sich begegnen, zuhören, austauschen“, sagt Kellermann. „Das ist es, was wir hier wirklich fördern wollen – neben der Geburtshilfe.“

Die Gäste der Eröffnung waren eingeladen, Wünsche auf Papier-Schmetterlingen zu hinterlassen, das Projekt mit Spenden zu unterstützen und eigene Ideen einzubringen. „Vielleicht habt ihr Lust, einen Moment zu verweilen, einander wahrzunehmen“, sagt Kellermann. „Denn das ist unser größtes Ziel: ein Ort der Verbindung zu sein.“

Eine Zukunft zwischen den Meeren


Das Haus wurde mit einer Sektflasche getauft, klappte zwar nicht beim ersten Mal, aber beim zweiten Mal
Dorothee Stephan denkt noch lange nicht ans Aufhören – auch wenn sie offen zugibt, dass sie sich irgendwann zurückziehen möchte. „Vielleicht langsam, Schritt für Schritt“, sagt sie mit einem Lächeln. Bis dahin bleibt sie, gemeinsam mit ihrer Kollegin, das Herz eines Projekts, das in der norddeutschen Geburtskultur Maßstäbe setzen könnte.

Und während im Hintergrund schon die ersten Neugeborenen ihren Weg ins Leben finden, bleibt der Wunsch der beiden Gründerinnen klar: „Mögen viele Geburtshausbabys folgen – und eine lebendige Gemeinschaft mit ihnen wachsen.“

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