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Wirtschaftspolitische Debatte: Kandidaten im Schlagabtausch vor der Bundestagswahl

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Ob die Sachen die besprochen wurden auch eingehalten werden, wird sich nach dem 23. Februar zeigen - Fotos: Thomsen

Flensburg – Zwei Wochen vor der Bundestagswahl diskutierten Politiker verschiedener Parteien in der Industrie- und Handelskammer (IHK) Flensburg über zentrale wirtschaftspolitische Herausforderungen. Im Fokus stehen Bürokratieabbau, Steuerpolitik, Infrastruktur und die Zukunft der Energieversorgung. Die Diskussion zeigte deutliche Unterschiede zwischen den Parteien – und sorgte für einen denkwürdigen Moment, als der AfD-Kandidat mit einer Aussage zur Demokratie für Gelächter im Publikum sorgte.

Krisenstimmung in der Wirtschaft: „Die Rahmenbedingungen müssen sich ändern“

Die Veranstaltung, organisiert von der IHK Flensburg und den Wirtschaftsjunioren, zog zahlreiche Gäste an. Schon zu Beginn machte der Gastgeber deutlich: Die wirtschaftliche Lage sei angespannt. Hohe Energiekosten, überbordende Bürokratie und ein drohender Fachkräftemangel belasteten Unternehmen – insbesondere den Mittelstand.

„65 Prozent der Betriebe in Schleswig-Holstein sehen die aktuellen wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen als größtes Geschäftsrisiko“, erklärte ein Sprecher der IHK. „Deutschland droht, im internationalen Wettbewerb zurückzufallen.“

AfD-Kandidat sorgt mit Aussage zur Demokratie für Gelächter

Ein bemerkenswerter Moment der Debatte ereignete sich, als AfD-Kandidat Martin Neubauer (Foto oben) erklärte, er „brauche keine Demokratie.“ Sein Versprecher, er meinte "brauche keine Bürokratie" den er später zu korrigieren versuchte, löste lautes Gelächter im Publikum aus. Moderatorin Seda Atasoy griff sofort nach und fragte nach, doch Neubauer verstrickte sich in weiteren Erklärungen. Während einige Zuhörer irritiert reagierten, quittierten seine anderen Aussagen mit Kopfschütteln und schmunzelnden Kommentaren.

Bürokratieabbau: Große Pläne, wenig Fortschritt

Besonders das Thema Bürokratieabbau sorgte für kontroverse Diskussionen. Christoph Anastasiadis (FDP) sprach sich für ein „bürokratiefreies Jahr“ aus und forderte eine grundlegende Reform: „Wir müssen den Bürokratie-Burnout in Deutschland beenden.“

Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) betonte hingegen, dass bereits Fortschritte erzielt worden seien – insbesondere beim Genehmigungsverfahren für erneuerbare Energien. Gleichzeitig räumte er ein: „Wir müssen die Berichtspflichten für Unternehmen reduzieren, ohne dabei Umwelt- und Sozialstandards aufzugeben.“

CDU-Vertreter Thomas Klömmer, der kurzfristig für die erkrankte Petra Nicolaisen einsprang, kritisierte dagegen, dass Bürokratieabbau oft nur ein Lippenbekenntnis sei: „Die Politik verspricht seit Jahren Entlastungen, doch in der Praxis wird die Regelungsdichte immer größer.“

Steuerpolitik: Entlastung für Unternehmen oder stärkere Umverteilung?

Auch die Steuerpolitik sorgte für hitzige Debatten. Die SPD-Kandidatin Johanna Seibert plädierte für eine stärkere Besteuerung des Vermögens und eine gezielte Entlastung der Mittelschicht: „95 Prozent der Bürger sollen profitieren, während die reichsten 5 Prozent einen größeren Beitrag leisten.“

Die CDU setzte auf eine Senkung der Unternehmenssteuern, um die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands zu sichern. „Wir müssen die Gesamtsteuerlast senken, um Investitionen zu fördern“, argumentierte Klömmer.

Vizekanzler Habeck schlägt einen Kompromiss vor: Steuererleichterungen sollten gezielt für Investitionen in Zukunftstechnologien gewährt werden. „So schaffen wir Anreize für Innovationen, statt Steuergeschenke mit der Gießkanne zu verteilen.“

Infrastruktur: Schleswig-Holstein fühlt sich abgehängt

Einigkeit herrscht darüber, dass Schleswig-Holstein bessere Verkehrsanbindungen benötigt. Besonders die schleppende Planung der A20, der Ausbau des Schienennetzes und Marode Brücken wurden kritisiert.

Stefan Seidler (SSW) betonte: „Wir müssen lauter werden, damit unsere Projekte nicht hinter denen in Süddeutschland zurückstehen.“

Auch FDP-Kandidat Anastasiadis sah dringenden Handlungsbedarf: „Planungs- und Genehmigungsverfahren müssen halbiert werden. Wir dürfen nicht längere Jahre auf Infrastrukturprojekte warten.“

Energiepolitik: Zwischen Ausbau der Erneuerbaren und Sorgen um die Wettbewerbsfähigkeit

Ein weiterer Streitpunkt war die Energieversorgung. Während die SPD und die Grünen auf einen beschleunigten Ausbau erneuerbarer Energien setzen, warnen CDU und AfD vor steigenden Stromkosten.

Klömmer kritisierte: „Andere Länder bauen weiterhin auf Kernkraft, während Deutschland die höchsten Strompreise in Europa hat.“ Die AfD sprach sich gar für eine Rückkehr zur Kernenergie aus.

Habeck verteidigte die Energiewende: „Der einzige Weg zu stabilen und günstigen Preisen ist mehr erneuerbare Energie. Fossile Energien und Atomkraft sind langfristig nicht wirtschaftlich.“

Fachkräftemangel: Migration als Lösung?

Ein weiteres zentrales Thema war der Arbeitskräftemangel. Die SPD und die FDP plädierten für eine gezielte Erwerbsmigration, um dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken.

Seibert betonte: „Wir brauchen eine schnellere Anerkennung ausländischer Berufsabschlüsse und bessere Integrationsangebote.“

Martin Neubauer (AfD) hingegen stellte die Notwendigkeit von Zuwanderung infrage: „Wir sollten erst einmal das inländische Potenzial besser ausschöpfen.“

Redezeit: Habeck dominierte die Debatte

Ein Blick auf die Redezeiten zeigt ein deutliches Bild:

  • Robert Habeck (Grüne) hatte mit 16:37 Minuten die größte Sprechzeit und dominierte damit die Debatte.
  • Martin Neubauer (AfD) lag mit 13:40 Minuten ebenfalls weit vorn.
  • CDU und FDP kamen mit jeweils 11:30 Minuten auf eine nahezu identische Redezeit.
  • Der SSW mit Stefan Seidler sprach insgesamt 10:07 Minuten .
  • Die SPD mit Johanna Seibert hatte mit 8:50 Minuten die geringste Redezeit.

Vor allem die Vertreter von Grünen und AfD nutzten die Gelegenheit, um ihre Positionen ausführlich darzustellen, während die SPD deutlich weniger Raum bekam.

Fazit: Viele Forderungen, wenige konkrete Lösungen

Am Ende des Abends war klar: Die Herausforderungen für die kommende Bundesregierung sind gewaltig. Doch während alle Parteien betonten, dass Deutschland wieder wettbewerbsfähiger werden müsse, blieben konkrete Lösungen oft vage.

Eines jedoch war unstrittig: Die wirtschaftspolitischen Weichenstellungen der nächsten Legislaturperiode werden entscheidend für die Zukunft des Landes sein.

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