- Nordfriesland -
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75 Jahre Rio Reiser: Der König von Deutschland und sein Erbe in Nordfriesland

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Für Rio Reiser wurde Fresenhagen zu seiner Heimat - Foto: OTFW - Wikipedia

Musik - „König von Deutschland“ – der wohl bekannteste Song von Rio Reiser – wurde zur Hymne einer Generation, die von Utopien träumte und gegen Konventionen kämpfte. Doch dieser „König“ hatte seine Krone nicht in einer glitzernden Metropole, sondern im rauen Nordfriesland gefunden. Im Jahr 1975 zog die Berliner Band Ton Steine Scherben auf der Suche nach Ruhe und einem neuen Lebensentwurf in das abgelegene Fresenhagen, nahe der dänischen Grenze. Dort, auf einem alten Landgut, begann ein neues Kapitel, das für die Band und ihren Frontmann prägend wurde. Mittlerweile ist das Gut eine Ferienwohnungsanlage.

Der Aufbruch nach Fresenhagen: Ein Neuanfang


Das Wohnhaus in Nordfriesischen Fresenhagen - Foto: Eckhard Driessen / Wikipedia

Die Entscheidung, Berlin zu verlassen, war ein radikaler Bruch mit der Vergangenheit. Die Scherben, bekannt für ihre politisch aufgeladene Musik und ihren revolutionären Geist, waren in der Hauptstadt zunehmend auf harsche Kritik und ein raues gesellschaftliches Klima gestoßen. Fresenhagen wurde zum Zufluchtsort und zur kreativen Oase, fernab der urbanen Konflikte.

Mit Hilfe von Bandmanager Nikel Pallat, der einen Bausparvertrag einsetzte, und dem Stiefbruder vom Gründungsmitglied Kai Sichertermann Schlagzeuger Wolfgang „Wolli“ konnte die Gruppe das Hofgelände erwerben. Das Leben in der nordfriesischen Idylle war eine Umstellung, sowohl für die Band als auch für die skeptischen Dorfbewohner, die sich fragten: „Was sind das für Leute, die erst mittags aufstehen?“ Doch die Gemeinschaft der Musiker, die sich als Landkommune organisierte, fand bald Akzeptanz. Gitarrist R.P.S. Lanrue engagierte sich im örtlichen Fußballverein und wurde sogar Torschützenkönig – ein Symbol für die Verbindung zwischen den Aussteigern und den Einheimischen.

Kreative Transformation: Von Theatermusik zu „IV“

Vor ihrem Umzug nach Fresenhagen hatten die Scherben mit dem Album „Wenn die Nacht am tiefsten...“ einen musikalischen und inhaltlichen Wandel eingeleitet. Die Texte wurden persönlicher, die Kompositionen vielseitiger. Doch nach der Veröffentlichung war die Band auf der Suche nach neuen Ideen und Inhalten. In Fresenhagen bauten die Musiker ein eigenes Studio auf und arbeiteten zunächst an Theatermusik und Kindermusik, um wieder in den kreativen Fluss zu kommen.

Der Wendepunkt kam mit dem Album „IV“. Zum ersten Mal schrieben alle Bandmitglieder gemeinsam an den Songs, die mithilfe von Tarot-Karten entwickelt wurden. Das Ergebnis war ein Album, das ihre Fans begeisterte und eine erfolgreiche Tournee nach sich zog. Doch trotz des künstlerischen Comebacks hinterließ die Tour einen Schuldenberg von 200.000 DM – ein bitterer Beigeschmack für eine Band, die sich stets gegen die Zwänge des Marktes aufgelehnt hatte.

Das Vermächtnis Fresenhagens und Rio Reisers früher Tod


Das Ehrendenkmal in Berlin von Rio Reiser - Foto: OTWF - Wikipedia
Mit der Auflösung der Band im Jahr 1985 endete für die meisten Scherben das Kapitel Fresenhagen. Doch für Rio Reiser blieb der Hof mehr als nur ein Wohnort – er wurde zu seiner Lebensbasis. Hier lebte er bis zu seinem Tod 1996 und wurde sogar auf dem Anwesen beigesetzt, dank einer Sondergenehmigung der damaligen Ministerpräsidentin Heide Simonis. Erst nach dem Verkauf des Hofes im Jahr 2011 wurde Reiser in ein Ehrengrab in Berlin umgebettet.

Reisers früher Tod wird häufig mit seiner Alkoholkrankheit in Verbindung gebracht, wie sein Lebensgefährte Misha Schoeneberg erklärte. Trotz seines tragischen Endes bleibt Reiser bis heute ein prägender Künstler, dessen Werke weit über seine Lebenszeit hinausstrahlen.

Erinnerung an einen König

Bis heute bleibt Rio Reiser in Nordfriesland unvergessen. Im Jahr 2023 inszenierte das Schleswig-Holsteinische Landestheater die musikalische Politcollage „Rio Reiser – König von Deutschland“ und würdigte damit die künstlerische und politische Strahlkraft des Sängers. Fresenhagen, einst Zufluchtsort und kreative Basis der Scherben, bleibt ein Symbol für das Streben nach Freiheit und die Visionen einer besseren Welt – ein Vermächtnis, das weit über die Grenzen Nordfrieslands hinausstrahlt.

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